Osterturnier
Geschrieben von am 25.03.2016 um 15:07
Caissa ist die Göttin des Schachspiels. Das wissen wir alle. Aber wissen wir auch, ob sie eine Glücksfee oder ein Racheengel ist?
Wer zu dieser Frage entscheidende Einblicke braucht, möge beim nächsten Mal das Osterturnier mitspielen, zu dem sich am gestrigen Donnerstag (24.3.) 18 Spieler einfanden, darunter Freunde aus dem Heerlener Schachverein. Diese bildeten 9 Mannschaften, die gegeneinander zu Fünfminutenpartien antraten. Die Turnierleitung hatte Frank Offermanns übernommen, dessen unglückselige Rolle ich später nicht unerwähnt lassen darf.
Bis hierher ist es noch nichts Besonders. Doch nun kommt's: Zweimal während der Partie erfolgt ein Klingelzeichen (sekundengenau durch eine elektronische Uhr). Dann wird die Partie angehalten und eine unglückliche Seele greift den Würfel, wirft ihn und entscheidet damit über Sieg und Niederlage, über jubelndes Glück und jähen Absturz, über Freude und Tragik. Natürlich benutzen wir nicht einen einfachen Würfel mit sechs Flächen. Nein, das wäre zu einfach - es musste ein Würfel mit 12 Flächen sein (wo kriegt man so einen Würfel überhaupt her?). Und hinter jeder gewürfelten Zahl verbirgt sich eine Teufelei (angesichts des Osterturnieres kann ich mir das Wortspiel nicht verkneifen: Teufel-Ei), fein säuberlich auf einem Zettel notiert.
Wer nun glaubt, Caissa würde ihre Gunst nach den Regeln des Zufalls verteilen, einmal belohnen und einmal strafen, der kennt die grausame Natur der Schachgöttin nicht. Sie verfolgt streng ihren tückischen Plan und vernichtet den, der ihr gerade in den Sinn kommt. Und erneut traf es mich!
Hatte ich mir ein starkes Zentrum erkämpft, von wo aus ich zum mattsetzenden Angriff starten wollte, so ertönte nach dem Würfel der Ruf: "die Felder e4, d4, e5 und d5 räumen"; hatte ich alle meine Kräfte todbringend in der g-Linie vereint, so hieß das Gebot des Würfels: "die g-Linie räumen". Hatte ich durch überlegenes Spiel meinen verzweifelten Gegner zu langem Nachdenken gezwungen, so dass ihm nur noch eine lächerliche Minute verblieb, so rief der Turnierleiter (ich glaube, eine Häme in der Stimme war nicht zu überhören): "Die Uhren wechseln und mit der Zeit des Gegners weiterspielen!" Ein anderes Mal hatten sich meine Figuren um den gegnerischen König geschart, so dass dieser unter meinen Schachgeboten erzitterte, prompt forderte der Würfel, bis zum Ende der Partie kein Schachgebot mehr geben zu dürfen. Und so ging es neun grausame Runden lang. Mein ideenreiches, klug angelegtes, überlegenes Spiel fand keine Gnade vor den Augen der Schachgöttin. Wo auch immer ich übergroßen Vorteil angehäuft hatte, immer wurde er vom Würfel vernichtet.
Und hier machte auch der Turnierleiter keine gute Figur. Meist erklärte er, was nach dem Fall des Würfels zu tun sei, so umständlich, dass es gutmütige Menschen wie ich erst begriffen, nachdem der Gegner bereits seinen Sieg reklamiert hatte.
Warum straft Caissa einen ihrer größten Anhänger so sehr? Warum demütigt sie ausgerechnet mich? Dabei opfere ich ich ihr doch nach jedem Turnier etliche DZW- und ELO-Punkte. Will sie noch mehr? Will sie etwas anderes?
So kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, wieso gestern Abend alle anderen ihren Heidenspaß hatten, lachten und sich vor Freude auf die Schenkel klopften. Die Welt ist schlecht und die meisten Schachspieler sind ihre Diener. Und wieso haben sich nach Beendigung des Turnieres alle auf die Ostereier gestürzt? Haben die kein Abendbrot gehabt?
Der geneigte Leser mag erahnen, warum ich das folgende Endergebnis als genau auf dem Kopf stehend betrachte:

1. Fabian / Michael 11,5
2. Ingo / Kevin 10,5
3. Klaus / Walter 10
4. Horst / Ralf 9,5
5. Sascha / Frans 8,5
6. Oliver / Fred 7,5
7. Luca / Rene 7
8. Philipp / Hans 4
9. Hans-Jürgen / Max 3,5

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