Nachruf auf Albert

Ein Nachruf auf Albert



Mit dem Tode von Albert Schröder, Jahrgang 1930, hat der Schachverein 1949 Herzogenrath am 23. Dezember 2012 sein letztes Gründungsmitglied verloren.
Im September 1949 beteiligte sich Albert Schröder als 19-jähriger an der Gründungsversammlung und entwickelte sich bald zu einem der Spitzenspieler Herzogenraths. Er konnte jedoch erst nach Studium, Eintritt in den Beruf und Familiengründung seine Spielstärke voll zur Geltung bringen. In den 1960er Jahren bis Anfang der 1970er Jahre war Albert Schröder für ein ganzes Jahrzehnt die beherrschende Spielerpersönlichkeit des Herzogenrather Schachvereines und innerhalb des Aachener Schachverbandes ein gefürchtetes Spitzenbrett in den Mannschaftskämpfen. So gab er in der Saison 1970/71 am 1. Brett nur zwei Remis ab (bei 6 gewonnenen Partien). Jedes Vereinsturnier, das er mitspielte, gewann er, gleich ob Blitz- oder Normalschach. In Herzogenrath war er die unbestrittene Nummer 1. Bis heute ist er einer der erfolgreichsten Herzogenrather Spieler und einer der fleißigsten Sammler von Vereinstiteln überhaupt.
Doch seine starke berufliche Beanspruchung (Albert Schröder war führender Ingenieur der Herzogenrather Glaswerke und u. a. maßgeblich für die Werksbauten in Stolberg verantwortlich) ließ eine Mitwirkung beispielsweise an Verbandsturnieren so gut wie nie zu. Anfang der 1970er Jahre – auf der Höhe seines schachlichen Könnens und beruflichen Wirkens – ereilte ihn ein tragisches Schicksal. Auf einer Dienstreise in Spanien war das Taxi, in dem er saß, in einen schweren Unfall verwickelt, der Albert Schröder schwer verletzt zurückließ. Es folgten Wochen und Monate der Krankenhausaufenthalte, der Rehabilitation und mehrere Operationen. Als er – äußerlich wiederhergestellt – nach vielen Monaten zum ersten Mal den Vereinsabend besuchte, wurde er stürmisch begrüßt und seine Wiederkehr regelrecht gefeiert. Doch prompt folgte der nächste Schicksalsschlag. Kaum genesen, erlitt er – sicherlich bedingt als Spätfolge des Unfalls und der langen Behandlung – einen Schlaganfall. Von da ab war er halbseitig weitgehend gelähmt und hatte sein Sprachvermögen nahezu vollständig verloren.
In den nachfolgenden, für Albert Schröder aufgrund seines sich nicht verbessernden Zustandes schweren Jahren wurde das Schachspiel zu einer wichtigen Stütze. Ausgerechnet er, schwer behindert, war für viele Jahre der fleißigste Besucher des Spielabends. Und immer noch war er zu großartigen Leistungen auf dem Schachbrett fähig. Er beteiligte sich an den Mannschaftskämpfen und stellte manchem ihm nachfolgenden Spitzenspieler in den Vereinsmeisterschaften ein Bein. Unvergessen sein grandioser Sieg, als er als Ersatzspieler mit einer Glanzpartie im März 1989 in der SVM-Oberliga (!) den entscheidenden Punkt zum Mannschaftssieg über Bonn Beuel I errang. Im Dezember 1989 verabschiedete sich Albert Schröder mit einem Sieg in der 2. Mannschaft als aktiver Mannschaftsspieler.
In den letzten Jahren ließ sein Zustand den Besuch des Spielabends nicht mehr zu. Ab und zu wurde er von seinen Schachfreunden noch zu Hause besucht.
Albert Schröder war ein feiner, stiller Mann, der sich selbst nie in den Vordergrund stellte. Unsportlichkeit oder unfaires Verhalten gab es für ihn nicht. Sein positionell angelegtes, tief durchdachtes Spiel war für viele von uns – auch für mich – ein unerreichtes Vorbild.
Im Jahre 1999 feierte der SV Herzogenrath sein 50-jähriges Jubiläum und folglich wurde Albert Schröder für seine goldene Vereinszugehörigkeit geehrt. Als damaliger Vereinsvorsitzender wandte ich mich an Albert Schröder mit dem auf ihn so sehr zutreffenden Goethe-Zitat: „Alles geben die Götter, die unendlichen, ihren Lieblingen ganz; alle Freuden, die unendlichen, alle Schmerzen, die unendlichen, ganz.“

Dr. Hans-Jürgen Weyer